Wie Rechte Politik machen: Diskussion mit dem Kollektiv „Filmpiraten“

Im Nachbarland Österreich sehen sich kritische Medien fragwürdigen juristischen Angriffen gegenüber. Martin und Jan vom Videokollektiv „Filmpiraten“ aus Erfurt berichteten am Mittwochabend auf der LiMA über ihre juristische Auseinandersetzung mit der – gelinde gesagt- rechts-populistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Im Kern bestehen die Filmpiraten aus vier aktiven, ehrenamtlichen Mitgliedern mit einem angeschlossenen Verein. Sie drehen dokumentarische Videos mit den Schwerpunkten Antifaschismus, Antirassimus und Antikapitalismus.

Was war eigentlich vorgefallen?

Im Juni letzten Jahres veröffentlichen die Filmpiraten zwei Videobeiträge zum berühmt-berüchtigten Justizfall des thüringischen Studenten Josef S.. Dieser wurde vor dem Landgericht Wien u.a. wegen Rädeslführerschaft bei den Protesten gegen den Wiener Akademikerball vom Januar 2014 angeklagt. Die Filmpiraten veröffentlichten ihre Videos unter der Creative-Commons-Lizenz mit drei Zusatzbedingungen: Der unkommerziellen Verwendung, der klaren Nennung des Urhebers und der Weiterveröffentlichung unter der gleichen Lizenz.

Der von der FPÖ betriebene Youtube-Kanal „FPÖ-TV“ verwendete dieses Filmmaterial für ihre eigene Berichterstattung über die Proteste und den Prozess (O-Ton: „bürgerkriegsähnliche Zustände“) – und zwar mit unzureichenden Copyright-Hinweis, wie die Filmpiraten meinen. „Leute haben uns angefragt, ob wir das Material an die FPÖ verkauft hätten, das war unangenehm“, berichtete Jan. Entsprechend schickte man eine Unterlassungserklärung und Abmahnung an die FPÖ.

Die groteske Wendung: Die FPÖ verklagte daraufhin die Filmpiraten mit einen Streitwert von 35.000 Euro. Begründung: Das Recht auf freie Meinungsäußerung sei verletzt worden. Die Filmpiraten sehen sich nun in kürzester Zeit rund 10.000 Euro Gerichtskosten gegenüber – die auf bis zu 30.000 Euro steigen könnten.
Die FPÖ drangsaliere so schon seit Jahren linke, antifaschistische Initiativen, aber auch etablierte Zeitungen wie den Standard, berichteten die beiden Aktivisten. Das die Filmpiraten in Deutschland sitzen, schütze nicht vor einer Klage aus Österreich, erläuterte Jan den verblüfften Anwesenden. Die FPÖ lege den Gerichtsort bewusst in das Alpenland, da es hier an einer linken Anwaltsszene fehle und die Rechtsanwaltskosten höher wären.

Eine Kampagne gegen die Pleite – #SeiunsereHeldin

Zwar, so die Filmemacher, zeigten Recherchen, dass die Klagen der FPÖ auf wackeligen Beinen stehen würden. Doch der FPÖ gehe es vor allem darum, einzuschüchtern und Angst in der kritischen Medienszene zu verbreiten. Einem kleinen Verein wie den Filmpiraten droht nämlich die Pleite, bevor man die Ausgaben bei einem juristischen Sieg wieder zurückbekommt. Angesicht der finanziellen und psychologischen Belastungen durch den Prozess habe die eigentliche Arbeit des Filmprojektes bereits gelitten, klagte Jan.

Um das Geld aufzutreiben starteten die Filmpiraten eine Kampagne mit Infoblog, Spendenthermometer und dem Hashtag #SeiunsereHeldin. Ein richtiges Crowdfunding wäre nicht so einfach, erklärte Jan. Das Geld werde schnell gebraucht, die Nutzungsbedingungen der Funding-Plattformen begünstigen rein künstlerisch-kreative Aktionen und nähmen außerdem Gebühren.

Besonders schwierig sei es, die Aufmerksamkeit beständig hoch zu halten. Jedes Mal, wenn Medien über die Auseinandersetzung mit der FPÖ berichteten, gäbe es eine kurzeitiges Anschwellen der Spenden.

Öffentlichkeitsarbeit ist also zentral aber mit begrenzten Mitteln an Geld und Personen eben nicht einfach zu stemmen. Nach einem ersten Prozesstag im vergangenen Februar, bei dem nur Formalien geklärt wurden, wird im Herbst der nächste Gerichtstermin stattfinden. Alle Infos zur Angelegenheit sind hier zusammengefasst.

Maximilian Staude