#wirbrauchemehrliebesbots

Woher kommt die Aufruhr durch Social Bots? Wie werden Social Bots eingesetzt? Wie können wir, die Medienrezipierenden, diese erkennen und mit der indirekten Beeinflussung umgehen? Ist sogar eine positive Wirksamkeit der „Roboter“ möglich?

Unter dem Titel „Post*fck – Steuern Bots unsere Meinungen?“ diskutierten zum Abschluss der #LiMA17 im Taz-Cafe in der Rudi-Dutschke-Straße Lorenz Matzat von AlgorithmWatch, Anke Domscheit-Berg, Netzaktivistin und Politikerin und Martin Fuchs, Politikberater und Social-Media-Experte, wie Social Bots und Meinungsbildung zusammenhängen.

Social Bots sind automatisierte Programme, die im Netz vortäuschen, wie Menschen zu agieren. Sie sind schnell, lenken Debatten in eine bestimmte Richtung; sie sind so viele, so dass sie suggerieren, eine verbreitete Meinung darzustellen; außerdem sind sie schwer erkennbar, indem sie sich gegenseitig verstärken und unter die echten Accounts mischen. Die Diskutant*innen waren sich einig: Social Bots und Polarisierung gehen Hand in Hand. Es werden Kontroversen über politische Differenzen und Ungleichheiten verstärkt; Politik, insbesondere Wahlerfolge, stehen in Zusammenhang mit dem Einsatz der Bots.

Lorenz Matzat sprach sich grundsätzlich dagegen aus, sich auf Fake News, die von den Social Bots als „Wahrheiten“ verbreitet werden, zu fokussieren und will stattdessen objektive journalistische Standards entwickeln. Ihn beschäftigt besonders die Frage, woher die Aufregung über Social Bots rührt. Diese zu analysieren sei derzeit äußerst schwierig, da soziale Netzwerke wie Facebook keine offenen Schnittstellen bieten, um empirische Studien durchzuführen. Bisher durchgeführte Analysen, so stimmen ihm die anderen zu, dürften nicht kommentarlos hingenommen werden und Zahlen über Social Bots seien sehr vereinfacht und müssten stets hinterfragt werden.
Außerdem erklärte Matzat das Fernsehen als dominierend unter den meinungsbildenden Medien. Es werde häufig außer Acht gelassen, sei aber prägend für Medienrezipierende, da ein Großteil der Menschen Informationen über diesen Kanal aufnehmen.

Unbenannt

Anke Domscheit-Berg setzte einen anderen Schwerpunkt. Sie betonte die konkrete Einflussnahme der Bots und bezog deren Einsatz wesentlich direkter darauf, wie politische Prozesse dadurch geleitet würden. Sie fokussierte sich auf die Frage, wie Social Bots funktionieren und „agieren“ sowie darauf, wie durch Social Bots Menschen erreicht werden und inwiefern Twitter als „indirektes Multiplikatorenmedium“ zu betrachten ist.
Die Aktivistin plädierte für eine Umkehrung, für den positiven Einsatz der Bots, eine so genannte „Kommunikationsguerilla“ unter dem Hashtag #wirbrauchenmehrliebesbots, um der negativen Beeinflussung entgegen zu wirken.
So würde gleichzeitig für eine positive Wahrnehmung gesorgt; denn sowohl die der Politiker*innen als auch von Medien werde immens durch Bots geprägt und die Herausforderung liege genau hier: Inwieweit können Fake News, verbreitet von Social Bots, vom „Durchschnittsmenschen“ als Lügen erkannt werden?

Martin Fuchs baute auf dieser Fragestellung seine Herangehensweise auf und thematisierte besonders den Umgang mit Social Bots. Er spricht sich für eine Sensibilisierung aus. Damit der Manipulation zuvorgekommen wird, damit die Demokratie nicht angegriffen wird. Die Politik müsse offensiv mit diesem Phänomen umgehen, damit die Menschen lernen, stärker zu differenzieren. Social Bots haben eine spezielle Wirkungsmacht, sagte Martin Fuchs. Durch die ständige Infiltrierung finde eine grundsätzliche Unterminierung des Demokratievertrauens statt, welche unterbunden werden muss. Da soziale Medien als Informationsquelle gelten, besteht eine Gefahr für die daraus folgende Meinungsbildung. Allerdings ist ein linearer Zusammenhang zwischen Social Bots und dem Wahlverhalten nicht offensichtlich nachweisbar, worauf auch Matzat hinwies.
Insgesamt stellten alle Drei fest, dass derzeit keine Transparenz in sozialen Medien herrscht und ohne Regeln kommuniziert wird: Dies liegt unter anderem daran, dass nicht klar ist, wer diese Regeln etablieren soll und darf. Es fehlen Optionen zum Umgang miteinander. Gleichzeitig aber wird durch die jüngst vorgeschlagene Gesetzesinitiative des Justizministers ein Ansatz der Zensur wahrgenommen, da hier in die Presse- und Meinungsfreiheit eingegriffen wird.

Insgesamt handelte es sich um eine vielseitige, äußerst umfassende und konstruktive Debatte mit diversen Perspektiven und Schwerpunkten. Vielen Dank an alle Menschen, die zugehört und mitdiskutiert haben!


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Beitragsfoto: Flickr by Cambodia4kids.org Beth Kanter(CC BY-SA 2.0) – changes are made (verkleinert)

Text: Lea Brunn